Integration und Assimilierung

Als klassisches Zuwanderungsland steht Deutschland schon länger Integrationsfragen gegenüber. Immer wieder wird in Medien und Politik darüber debattiert, wie Zugewanderte in die Kultur eingegliedert werden sollen und welche Maßnahmen wohl den größten Erfolg brächten. Auch die Migrationsforschung beschäftigt sich immer wieder mit den vielen Fragen, die diese (teilweise unvermeidbare) Kulturzusammenkünfte aufwerfen.

Während dieser Diskurse kommt es im Alltagsgebrauch immer wieder zu Begriffsproblematiken, die auf eine Unkenntnis der Lebensrealitäten der zugewanderten Menschen hindeuten. Dabei spielt die Differenzierung zwischen Integration und Assimilierung eine ganz entscheidende Rolle.

Bei der Assimilierung finden eine Veränderung und Anpassung nur beim zugewanderten Individuum statt. Es wird sich soweit angepasst, bzw. es muss sich proaktiv so weit anpassen, bis keine Unterschiede mehr sichtbar sind. Das bedeutet, dass das Ergebnis einer Assimilierung zwangsläufig eine homogene Masse erschafft.

Bei der Integration handelt es sich um einen Prozess, das sich über eine längere Zeit als ein ganzheitliches Bewegen der Gesellschaft kennzeichnet. Nicht nur der zugewanderte Mensch passt sich seiner Umgebung an, auch die Umgebung bewegt sich ihm entgegen. Es wird eine Eingliederung in ein bestehendes System angestrebt, in dem Differenzen harmonisch Platz haben. Das führt im Endeffekt zu einer heterogenen, man mag sagen, bunten Masse.

Bei der Integration handelt es sich dementsprechend um einen Prozess, in dem sich Zugewanderte langsam in ihre Aufnahmegesellschaft eingliedern und dabei ihre eigene Kultur weiterhin wertschätzen und einbringen.

Im Klartext vernichtet Assimilierung also Multikulturalität und erzwingt Identitätsverlust beim Individuum. Integration hingegen öffnet den Raum für kulturellen Pluralismus. Eine solche inklusive Gesellschaft ist offen, divers und zeichnet sich durch ein hohes Maß an individueller Freiheit aus.

Nehmen wir das Beispiel Sprache. Beim Zuzug in ein neues Land ist es von Vorteil sich die Sprache des Landes anzueignen. Diese Tatsache kann sowohl vom Land selbst als auch vom zugezogenen Menschen akzeptiert werden. Es bringt Vorteile und erleichtert die Kommunikation um Längen. Es bedeutet allerdings nicht, dass Migrant*innen ihre Muttersprache ablegen müssen oder ihnen gar ein Verbot der Nutzung ihrer Muttersprache auferlegt wird. Letzteres wäre ein Versuch der Unterdrückung von Identität und Unterschied. Klassische Assimilierungspolitik.

Nach der Ausführung mag klar sein, dass die Integration für unser modernes Verständnis von Kultur und Humanität bevorzugt werden sollte. Und doch kommt es genau hier zu Problemen. Die Eingliederung fremder Kulturen führt immer wieder zu Spannungsfeldern. Es ist im Integrationsprozess viel mehr Diskussionsbedarf vorhanden. Themen müssen angesprochen und gelöst werden und Lösungen dürfen nicht in Stein gemeißelt sein. Diese Art von Unstetigkeit hat auf Dauer Konfliktpotenzial. Nicht immer sind sie so klar und leicht zugänglich, wie das Sprachenbeispiel. Umso wichtiger ist es also, dass wir die Spannungsfelder benennen und Kommunikation dort herstellen, wo sie benötigt wird. Die Aufgabe liegt klar darin, zu erkennen, wann Integration und wann schon Assimilierung gefordert wird.

Mit TOK e.V. schaffen wir ein Kommunikationsfeld für Migrant*innen zum Thema Bildung und Soziales. Unser Team besteht zum Großteil aus Menschen mit Migrationshintergrund. Mit unseren eigenen Erfahrungen wollen wir zugewanderten Frauen* Orientierung bieten und die Integration erleichtern. Ein weiteres Ziel ist Aufmerksamkeit zu schaffen und die Gesellschaft für den Prozess der Integration zu sensibilisieren und auf vermeidliche Assimilierungspolitik hinzuweisen. Wir wollen ein buntes Deutschland!

 

Gabriela Morais de Souza
Gabriela Morais de Souza